Feuerlauf - Meisterschaft über das Feuer


Barfuß über glühende Kohlen zu schreiten wird von denjenigen, die es bereits praktiziert haben, als etwas ganz besonderes beschrieben. Die Hintergründe, warum Menschen dieses Erlebnis wagen, sind sehr verschieden. In unserer westlichen Kultur dient dies als beliebte Methode in Managerseminaren zur Stärkung der Selbstsicherheit und des Selbstbewusstseins. Für östliche Kulturen steht meist ein spiritueller Ritus im Zentrum. Der Feuerläufer möchte sich reinigen, läutern oder mit seinem Wesen in Verbindung bringen. Häufig geht es auch um eine Art Bekennungsübung. Ein Bekenntnis für etwas, wofür es sich für den Einzelnen lohnt, im wahrsten Sinne des Wortes durchs Feuer zu gehen.

Feuerlauf
Abb. Indischer Feuerlauf

Das Ritual des Feuerlaufs ist über 4.000 Jahre alt. Es wurde allerdings nicht überall zur gleichen Zeit und aus demselben Anlass eingeführt. In alten Kulturen liegt meist das Motiv vom Sieg des Geistes über die Materie zugrunde.

 

Im indischen Ozean findet sich eine Insel mit dem Namen "La Réunion", auf der einige der Einheimischen jeden ersten Sonntag eines neuen Jahres barfuss über einen sechs Meter langen Glutteppich gehen. Dieser Brauch stammt, wie man heute weiß, von indischen Einwanderern ab, die mit diesem Akt Demut und ihre Gottgefälligkeit demonstrierten. Vor diesem Lauf beten und fasten die Menschen meist tagelang.

"Enthaltsamkeit, Hunger und das Erfolgserlebnis, unbeschadet über Feuer zu gehen, gibt ihnen ein Gefühl geistiger Reinigung und Gewissheit, mit den Göttern des Himmels und der Erde in Verbindung zu stehen"  (Fiebag, Gruber & Holbe, 2002)

 

Am 21. Mai zelebriert man den Feuerlauf in Bulgarien und Mazedonien. Hintergrund dafür ist ein Kirchenbrand aus dem Jahre 1250 n. Chr. Um die Kirchengüter zu retten, stürmten einige Menschen in das brennende Gebäude und alle kamen wie durch ein Wunder unversehrt aus den lodernden Flammen heraus.

 

Auf Bali reitet man aufgrund einer Überlieferung auf hölzernen Pferden über einen Glutteppich, um mit dem Feuergott Agni in Verbindung zu treten.

 

Ein besonders spektakulärer Feuerlauf wird von den Kahunas (hawaiianische Schamanen) demonstriert, wenn sie Touristen nach einer mehrtägigen, gemeinsamen Wanderschaft den Gang über glühende Lava zeigen. Vorab steht jedoch ein gemeinsames Ritual, welches die Akteure in einen tranceartigen Zustand versetzt.

 

Eine intensive Vorbereitung geht offenbar jedem Feuerlauf voraus. So auch diesem aus der Schweiz, der anschlaulich in Form eines Videos festgehalten wurde und hier zur Präsentation dienen soll.



Wie funktioniert der Feuerlauf und wie heiß wird er?

Unabhängig davon, ob der Lauf über Glut oder Lava gewagt wird, beträgt die Temperatur unter den Füßen zwischen 600 °C und 900 °C. Eine gewaltige Hitze, die eigentlich zu einer Verbrennung führen müsste. Allerdings passieren Verbrennungen eher selten. Warum das so ist, dafür gibt es ganz unterschiedliche Theorien.

 

Gemäß den oben schon einmal genannten Autoren hat man an der Universität von Kalifornien herausgefunden, dass jeder Feuerläufer, der den Gang über glühende Kohlen unverletzt bestanden hat, den Boden nie länger als 1,9 Sek. berührt hat. Einige Wissenschaftler geben die physiologische Grenze, ab der Körpergewebe durch Hitze geschädigt wird, mit zwei Sekunden an. Eine weitere Theorie stammt aus Deutschland.

 "Der Mediziner Johann Gottlieb Leidenfrost fand bereits im 18. Jahrhundert heraus, dass ein Wassertropfen auf einem glühenden Untergrund nicht sofort verdampft, sondern, dank einer isolierenden Gasschicht, noch kurze Zeit weiter besteht. So könnte die natürliche Hautfeuchtigkeit der Feuerläufer ebenso als kurzfristiger, aber wirksamer Schutz gegen die Glut unter ihren Füßen funktionieren"  (Fiebag, et. al, 2002).


Feuerläufer selbst führen ihre Erfolge meist auf vorangehende Rituale, tranceartiges Singen, Sprechen und Bewegen oder stille Meditation zurück. Wie wir heute wissen, können tranceähnliche Zustände in der Tat das Empfinden von Schmerzen mindern.

Tradition ist nicht die Aufbewahrung der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers.

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